London/Kiew (24.03.2023) –
Der Großteil der KMU in der Ukraine hat seine Aktivitäten gut ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion stabilisiert und trotz der verheerenden Auswirkungen auf die Wirtschaft Widerstandsfähigkeit bewiesen. Das zeigt eine Untersuchung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), die auf einer Umfrage unter 166 ukrainischen KMU basiert. Dauert der Krieg noch ein halbes Jahr, können 79 Prozent der KMU ihre Tätigkeit weiterführen wie bisher. Sollte er noch ein Jahr oder länger dauern, sind nur noch 62 Prozent derart optimistisch.
Produktion und Dienstleistungen
Laut der Umfrage konnten 57 Prozent der KMU ihre Vorkriegstätigkeit beibehalten. Sechs Prozent haben ihre Geschäftstätigkeit eingestellt und 37 Prozent ihre Produktion reduziert. Es gab eine qualitative Befragung mit 16 Experten- und 150 Telefoninterviews mit KMU-Geschäftsführungen im Produktions- und Dienstleistungssektor, die alle Regionen der Ukraine abdeckt, mit Ausnahme der derzeit besetzten Gebiete. Die Ergebnisse wurden per Ende Dezember 2022.
Vergleiche mit Forschungsergebnissen aus der Vorkriegszeit waren nicht möglich, da sich die verwendete Methodik seit der Vorkriegserhebung geändert hat. Die aktuelle Umfrage bezieht sich ausschließlich auf die beiden Sektoren, in denen die EBWE in Kriegszeiten am aktivsten tätig ist. Die Befragten berichten von erheblichen negativen Auswirkungen auf ihr Geschäft.
Im Schnitt sank der Umsatz um 43 Prozent und die Zahl der Beschäftigten um 22 Prozent. Die meisten befragten KMU erstellen Prognosen und Strategien, auch wenn sich ihr Planungshorizont von mehreren Jahren auf einen Monat verkürzt hat. Die Strategien konzentrieren sich auf die Erschließung neuer Märkte, auch im Ausland, die Neugestaltung und Diversifizierung der Geschäftsaktivitäten, die Entwicklung einzigartiger Produkte oder Dienstleistungen sowie die Suche nach Zuschüssen.
Kaufkraftschwund bereitet Sorgen
Zu den negativen Tendenzen, die durch die russische Aggression hervorgerufen wurden, nennen die KMU einen Rückgang der Geschäftstätigkeit und der Umsätze aufgrund von Bevölkerungsbewegungen und einer geringeren Kaufkraft. Weitere negative Faktoren sind starke Kostensenkungen, die Abwanderung von Arbeitskräften aufgrund von Kriegsdienst und Migration, Schäden an der Energieinfrastruktur und der teilweise Verlust von Ausrüstung.
Für einige KMU hat die kriegsbedingte Krise im Unternehmenssektor jedoch Wachstumschancen eröffnet. Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle anpassen, nach neuen Märkten suchen und kreative und einzigartige Lösungen anbieten, zeigen mehr Selbstvertrauen als andere. Zu den fünf wichtigsten Bedürfnissen zählen Hilfen beim Wiederaufbau der Unternehmen (35 Prozent), Zuschüsse für verschiedene Geschäftszwecke (32 Prozent), Beratung von Unternehmen, die in den gleichen Märkten mit den gleichen Problemen konfrontiert sind und diese erfolgreich überwunden haben (25 Prozent), Lernen aus den Erfahrungen internationaler Unternehmen (22 Prozent) und die Förderung internationaler Partnerschaften (21 Prozent).
Wolfgang Kempkens,
kempkens@pressetext.com
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.