Düsseldorf (28.11.2022) –
Probleme in der Lieferkette und dadurch verzögerter oder gänzlich ausbleibender Produktion haben die deutsche Industrie von 2021 bis Mitte 2022 knapp 64 Mrd. Euro an Wertschöpfung einbüßen lassen. Das zeigt eine heute, Montag, veröffentlichte Studie der Hans-Böckler-Stiftung.
Mehr Resilienz notwendig
Besonders stark betroffen ist laut der Studie die Automobilindustrie, deren Wertschöpfung in Deutschland wegen des Mangels an Vorprodukten um knapp 31 Mrd. Euro geringer ausfiel, obwohl zahlreiche Bestellungen vorliegen. In der Autobranche dürfte der Wertschöpfungsverlust den Wert der fehlenden Komponenten, häufig Halbleiter, um rund das Zehnfache übersteigen, so die Berechnungen der Böckler-Experten Thomas Theobald und Peter Hohlfeld.
Trotz der Engpässe haben insbesondere Autokonzerne hohe Gewinne gemacht, weil sie sich auf die Produktion teurerer Fahrzeuge mit höherer Gewinnmarge konzentrierten und höhere Preise durchsetzen konnten, heißt es. Gleichwohl hätte das deutsche BIP Ende 2021 um 1,2 Prozent und Mitte 2022 um 1,5 Prozent höher gelegen, wenn sämtliche Neuaufträge, die die Industrie in Deutschland ab Jahresbeginn 2021 erhalten hat, hätten abgearbeitet werden können, so das Fazit.
Langfristige Folgen unklar
Ohne die Störungen der Lieferketten, die insbesondere auf Produktionsausfälle in Ostasien und Transportprobleme, aber auch auf Fehleinschätzungen in den Beschaffungsstrategien der Unternehmen zurückgehen, hätte das gesamte Verarbeitende Gewerbe in Deutschland im Jahr 2021 eine um 39,2 Mrd. Euro höhere Wertschöpfung erzielt. Von Anfang 2021 bis Mitte 2022 beläuft sich die Differenz sogar auf 63,9 Mrd. Euro, konstatieren die Ökonomen.
Davon entfielen Theobald und Hohlfeld zufolge allein auf die Autoindustrie 19,9 Mrd. Euro 2021 und 30,7 Mrd. bis Mitte 2022. Demgegenüber veranschlagen die beiden den Wert fehlender Vorleistungen in der Branche für 2021 auf lediglich zwei Mrd. Euro. Offen sei zwar noch, ob die Wertschöpfungsverluste dauerhaft oder vorübergehend sind. Für Letzteres spricht aber, dass die Auftragsbestände nach wie vor sehr hoch ausfallen, so die Studie. Das Storno-Risiko steige jedoch.
Florian Fügemann,
fuegemann@pressetext.com
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