Bayreuth/Abu Dhabi/Perth (21.07.2023)
Steigende Einkommen in den ärmeren Ländern der Welt schwächen den Terrorismus: Davon sind seit den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York viele politische Entscheidungsträger überzeugt. Eine Studie von David Stadelmann von der Universität Bayreuth relativiert diese Sichtweise jedoch ganz entscheidend. Details wurden in der Fachzeitschrift “Journal of Conflict Resolution” veröffentlicht.
Besserung ab 12.800 Dollar
Gemeinsam mit Partnern in Abu Dhabi und Perth zeigt Stadelmann, dass ein Anstieg der Einkommen in ärmeren Ländern zunächst eine Zunahme terroristischer Aktivitäten auslöst. Erst wenn das Durchschnittseinkommen ein Niveau von rund 12.800 Dollar pro Jahr erreicht hat, gehen weitere Einkommenssteigerungen mit einer nachhaltigen Schwächung des Terrorismus einher.
Die Schlussfolgerung: Die Welt muss zunächst mit einer Zunahme terroristischer Aktivitäten rechnen, wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen in ärmeren Ländern bessern. Ein erhebliches Wirtschaftswachstum sollte daher in einem frühen Stadium von einer intensiveren Beobachtung potenzieller terroristischer Gruppierungen und, wenn möglich, von Strategien zur Terrorismusbekämpfung begleitet werden, empfiehlt Stadelmann.
Daten aus 1.527 Regionen
Stadelmann und seine internationalen Kollegen ziehen ihre Schlüsse aus einer Datenbank, die sie eigens für diese Studie angelegt haben. Sie enthält empirische Daten aus den Jahren von 1970 bis 2014 für 1.527 Regionen in 75 Ländern, die weitgehend repräsentativ für den globalen Zusammenhang zwischen Einkommen und Terrorismus sind. “Die Tatsache, dass sich die gleiche Entwicklung in mehr als 1.500 Regionen der Welt als Grundmuster herauskristallisiert hat, zeigt sehr deutlich, dass es weltweit einen signifikanten Zusammenhang zwischen Einkommensniveau und Terrorismus gibt”, sagt Stadelmann.
Dieser werde noch deutlicher, wenn ausgewählte subnationale Regionen wie die Île-de-France, Katalonien, Belutschistan oder Kalifornien untersucht würden und nicht ganze Länder wie Frankreich, Spanien, Pakistan oder USA. Die Forscher haben auch den Einfluss religiöser Zugehörigkeiten beleuchtet. Ergebnis: Religiös motivierter Terrorismus klingt bei kontinuierlich steigenden Einkommen früher ab als Links- oder Rechtsterrorismus. Bei solchen politisch motivierten Formen des Terrorismus setze der Kipppunkt erst ein, wenn höhere Einkommensniveaus erreicht würden.
Wolfgang Kempkens,
kempkens@pressetext.com