Mailand (11.04.2022) –
Ein kompetitives Arbeitsumfeld, in dem sich Kollegen gegenseitig ausstechen sollen, kann für Organisationen auch zum Problem werden. Denn die Mitarbeiter teilen Wissen dann lieber mit der Konkurrenz statt mit Kollegen, warnt eine online vorab veröffentlichte Studie in “Organization Science”.
Es kommt also zu Wissenslecks, die einen Wettbewerbsvorteil unterwandern können und möglicherweise zu Wissenslücken in der eigenen Belegschaft. Die Arbeit zeigt zudem, dass einzelne Einheiten einer größeren Organisation recht unterschiedliche Eigenschaften annehmen können.
Wettbewerb nutzt Mitbewerb
Wissenslecks sind schlecht für das Geschäft. Es ist bekannt, wie Unternehmen dem mit finanziellen Anreizen oder Vertraulichkeitsklauseln entgegenwirken können. “In dieser Arbeit sehen wir uns an, wie Unternehmen ähnliche Ziele erreichen können, indem sie auf die intrinsische Motivation einer Person abzielen, im besten Interesse ihrer Organisation zu handeln”, sagt Giada Di Stefano von der Luigi Bocconi http://unibocconi.eu . Als Fallbeispiel dienen dabei die Forschergruppen der Experimente ATLAS http://atlas.cern und CMS http://cms.cern am europäischen Kernforschungszentrum CERN.
Im Prinzip konkurrieren die beiden Gruppen um wissenschaftliche Entdeckungen, nutzen aber den gleichen Teilchenbeschleuniger und ähnliche Methoden. Auf den ersten Blick sind sie sich also sehr ähnlich. Doch die Forscher haben festgestellt, dass sich ATLAS-Mitglieder eher als integraler Teil des Teams sehen und ihr Wissen vermehrt mit Kollegen teilen. Beim CMS dagegen stehen Teammitglieder zueinander stärker in Konkurrenz. Sie geben Wissen eher an Mitglieder der anderen Gruppe als an eigene Kollegen weiter. Vier Jahre an Beobachtung und Experimenten legten letztlich nahe, dass wirklch der Unterschied im Arbeitsklima den unterschiedlichen Wissenstransfer erklären dürfte.
Eine Lehre für viele Manager
Die Forscher sehen die Ergebnisse als relevant für Manager, die durch einen Wissensvorsprung entstehende Wettbewerbsvorteile erhalten wollen. “Ein kompetitives Umfeld zu schaffen, mag aus diversen Gründen gut sein, birgt jedoch ein erhöhtes Risiko von Wissensübertragungen auf Wettbewerber”, warnt Di Stefano.
Das Beispiel ATLAS und CMS belegt zudem, dass zwei Einheiten, die der gleichen komplexen Organisation angehören, sehr unterschiedliche Merkmale entwickeln können. Dessen sollten sich Manager solcher Organisationen bewusst sein. “Die direkteste Folge daraus ist die Notwendigkeit, Interventionen an die spezifische ‘Persönlichkeit’ jeder Einheit anzupassen”, erklärt die Wirtschaftswissenschaftlerin.
Thomas Pichler,
pichler@pressetext.com