Messen statt Schätzen
Wien (04.09.2013) -
Geschäftsführung von CVTec:
Georg Mach, Thomas Ruhm, Camillo Sherif
(Foto: DI (FH) Giulia Raberger)
Präzise Messung statt grober Schätzung - das ermöglicht eine clevere Software für lebenswichtige Gehirnoperationen. Das von Wissenschaftlern der Zerebrovaskulären Forschungsgruppe Wien (ZVFG) entwickelte Programm berechnet sekundenschnell Kontrollwerte für die operative Behandlung lebensbedrohender Gefäßerweiterungen, sogenannter Aneurismen. Dazu werden 3D-Darstellungen der Gefäßerweiterung berechnet, die Neurochirurgen essenzielle Informationen über den operativen Fortschritt geben. Dank der Unterstützung durch das Universitäre Gründerservice INiTS wurde nun die zeitgerechte Finanzierung der weiteren Entwicklung in einem eigenen Unternehmen sichergestellt.
Ballonartige Blutgefäßerweiterungen im Gehirn, Aneurismen, sind lebensbedrohlich - und die etablierte Behandlungsmethode weist Schwächen auf: Die Kontrolle des Behandlungsverlaufes beruht vor allem auf der Erfahrung und Abschätzung der operierenden Neurochirurgen. Objektive Kriterien fehlen weitestgehend. Diese bietet nun eine Software, die zwei Wissenschafter der Zerebrovaskulären Forschungsgruppe (ZVFG) Wien entwickelt haben. Gemeinsam mit den Experten der INiTS Universitäres Gründerservice GmbH wurde gleichzeitig eine Finanzierungsstrategie für die Weiterentwicklung ausgearbeitet, die umgehend Früchte trug.
Nischen füllen
Zu diesem Erfolg des INiTS meint die Geschäftsführerin Dr. Irene Fialka: "Die neu entwickelte Software ist hochinnovativ und bedient einen Nischenmarkt, der mit 86 Millionen Euro pro Jahr für ein Start-up durchaus attraktiv ist. Doch im hart umkämpften Medizinmarkt sind technologische Vorsprünge rasch verloren. So unterstützten wir das Team bei der Anbahnung von Finanzierungen zur raschen Weiterentwicklung und Kommerzialisierung." Schnell wurde diese Zusammenarbeit belohnt: Eine Preseed-Finanzierung der Austria Wirtschaftsservice GmbH sichert jetzt die Finanzierung der Entwicklung bis zur Marktreife - sowie die Gründung einer eigenen Gesellschaft, der CVTec Cerebrovascular Technologies GmbH (CVTec).
Neben der professionellen Unterstützung des INiTS war auch der medizinische Fortschritt, den die Software bietet, für die rasche Zusage verantwortlich. Tatsächlich wird zur Behandlung einer Gefäßerweiterung im Gehirn ein Katheter minimal-invasiv bis in das ausgeweitete Gefäß geführt. Anschließend wird die Gefäßaufweitung mit speziellen Spulen ("Coils") gefüllt. Diese sorgen für eine Verlangsamung des Blutflusses mit anschließender Blutgerinnung. In der so ausgefüllten Aufweitung beginnt dann ein Narbenbildungsprozess, der die Gefäßstabilität wieder herstellt. Dabei ist für den langfristigen Erfolg der Operation die sogenannte Verschlussrate entscheidend - also wie viel Prozent der Aufweitung mit Coils gefüllt wurden: Zu wenige Coils führen zu einer erneuten Blutung. Zu viele können die Gefäßausbuchtung so überdehnen, dass die Gefäßwand einreißt - oder eine Blockade des gesamten Gefäßes verursachen. Die Folge ist ein Schlaganfall. Trotz der Gefahr einer solchen gravierenden Konsequenz müssen die operierenden Chirurgen die Verschlussrate derzeit anhand zweier 2D-Röntgenaufnahmen schätzen.
Irren ist menschlich
Dazu einer der beiden Entwickler der Software und zukünftigen Geschäftsführer von CVTec, Georg Mach: "Natürlich können sich die Operierenden irren und überschätzen diesen Wert um bis zu 30 Prozent! Unsere Software erstellt aus vorhandenen Aufnahmen ein räumliches Bild und berechnet automatisch die Verschlussrate. So erhält der Chirurg noch während der Operation objektive Information." Der Vorteil für den Kostenträger: Eine optimale Verschlussrate reduziert die post-operativen Komplikationen und reduziert die Notwendigkeit erneuter Operationen. Ein weiterer Vorteil ist auch die einfache Integration der Software in die bisherige Operationsroutine. Die Nutzung der Software wird dabei als Serviceleistung angeboten, die sich vollständig den Patienten zuordnen lässt und bei weniger als 5 Prozent der Materialkosten der Operation liegt.
Parallel mit der Vorbereitung zum Markteintritt befassen sich Georg Mach und sein Kollege, der Neurochirurg Camillo Sherif, auf Anregung des INiTS hin auch schon mit der weiteren Innovationsstrategie des Unternehmens. So sind Folgeprodukte geplant, die es erlauben, Coils zu erkennen, die aus der Aufweitung in das Trägergefäß hinausragen (und den Blutstrom behindern), oder den Blutfluss direkt zu simulieren. Auch Risikoanalysen für Patienten, bei denen Gefäßerweiterungen rein zufällig entdeckt werden, sollen zukünftig möglich werden. Die innovative Zukunft der CVTec ist damit vorgezeichnet.
Über INiTS (Stand September 2013):
INiTS hat sich seit dem Jahr 2002 als Business-Inkubator das Ziel gesetzt, die Erfolgswahrscheinlichkeit von innovativen, wachstumsstarken Start-ups im Raum Wien zu erhöhen. In einem intensiven Betreuungs-Programm stellt INiTS den JungunternehmerInnen/Start-ups Beratung, Finanzierung, Hands-on Unterstützung, Kontakt und Zugang zu Know-how sowie Büroräumlichkeiten zur Verfügung, um deren Fortschritt zu beschleunigen. Das Programm richtet sich an ambitionierte AbsolventInnen, MitarbeiterInnen und Studierende der Wiener Universitäten und Fachhochschulen, die ihre innovativen Ideen in die Tat umsetzen wollen. INiTS ist das Wiener Zentrum des AplusB-Programms des BMVIT und ein Unternehmen der ZIT, der Technologieagentur der Stadt Wien, der Universität Wien und der Technischen Universität Wien und wird auch durch Mittel der EU gefördert.
Über die CVTec Cerebrovascular Technologies GmbH (Stand September 2013):
Die CVTec entwickelt qualitativ hochwertige Dienstleistungen und Produkte, die es ihren Partnern in Zukunft ermöglichen wird, sich auf ihre Kernaufgaben zu konzentrieren. Das erste Produkt wird CoilControl3D darstellen, eine Software, die Neurochirurgen und Neuroradiologen bei einer lebensrettenden Operation unterstützt. Für die hohen Qualitätsstandards im Medizintechnikbereich ist neben Expertise und Erfahrung noch Diversität essentiell. Daher haben sich dem Entwicklerteam aus einem Computertechniker und einem Neurochirurgen noch ein Wirtschaftsanwalt, ein Tiermediziner und ein Business-Consultant angeschlossen. Alle bringen in ihrem jeweiligen Bereich bereits mehrjährige Berufserfahrung mit.
INiTS Universitäres Gründerservice Wien GmbH,
Mag. Eva Krizsanits