Fakten-Check Elektromobilität


Stuttgart (27.06.2019) -

Trend - Anzahl Elektromobile und Modelle
(Copyright: Horváth & Partners)

Bis Ende dieses Jahres wird nach Berechnung der Automotive-Experten der Managementberatung Horváth & Partners zunächst die Marke von 250.000 Elektroautos auf deutschen Straßen durchbrochen. Die Bundesregierung hatte ihr Ziel, eine Million dieser Fahrzeuge zulassen zu wollen, im vergangenen Jahr vom Jahr 2020 auf 2022 korrigiert. Zur Entwicklung eines echten Massenmarktes, in dem die Autoindustrie ausreichende Margen erzielt, sind aus Sicht der Horváth-Experten aber eine Verdopplung der E-Prämie sowie noch mehr neue Modelle notwendig.

Fast 150.000 Elektrofahrzeuge waren Ende 2018 in Deutschland zugelassen, davon rund 83.000 rein elektrisch. Im Vergleich zu 2016 ist dies eine Steigerung von 65 Prozent pro Jahr. Wird diese Wachstumsgeschwindigkeit beibehalten, kann das nun für 2022 ausgegebene Millionenziel der Bundesregierung erreicht werden. Dies sind Ergebnisse des jährlichen "Fakten-Check Elektromobilität" der Managementberatung Horváth & Partners.

Durchbruch der 250.000er Marke noch 2019 möglich

Im Jahr 2019 kann aus Sicht der Experten von Horváth & Partners sogar das "Etappenziel" erreicht werden, dass zwischen Flensburg und Sonthofen eine Viertelmillion Elektroautos fahren. Gründe dafür sind die Einführung weiterer Plug-in-Hybride sowie steigende Reichweiten neuer Elektromobile - beides wichtige Faktoren, die die Anziehungskraft der E-Autos für Kunden deutlich erhöhen.

Auch die seit dem 1. Januar 2019 eingeführte Vergünstigung für Dienstwagen mit Elektro- oder Hybridantrieb, die für alle Neuzulassungen bis 31. Dezember 2021 gilt, wird zu einer signifikanten Attraktivitätssteigerung bei Firmenwagen führen. Die Bemessungsgrundlage für den geldwerten Vorteil halbiert sich, wodurch Arbeitnehmer monatlich nur noch 0,5 Prozent des Listenpreises versteuern müssen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung vor kurzem die Verlängerung der Umweltprämie ("E-Prämie") bis 2020 beschlossen.

"Deutschland fährt mit angezogener Handbremse"

Die bisherigen Maßnahmen reichen laut Horváth & Partners jedoch nicht aus, um das Erreichen des Millionenziels 2022 zu garantieren. Zudem entwickelt sich der globale Markt den Experten zufolge derart dynamisch, dass das Tempo angezogen werden sollte. "Bei der E-Mobilität fahren wir in Deutschland und in Gesamteuropa aktuell noch sprichwörtlich mit der angezogenen Handbremse", sagt Dr. Oliver Greiner, Studienleiter und Partner bei Horváth & Partners.

Im vergangenen Jahr wurden lediglich acht neue reine Elektrofahrzeug-Modelle und -Varianten in den deutschen Markt eingeführt. Für 2019 rechnen die Experten mit mehr als zehn neuen Modellen, insbesondere im Segment der Oberklasse. Doch das reicht nach Greiners Einschätzung nicht. "Auch wenn die Modellvielfalt in den nächsten Jahren steigen wird - ein massentaugliches E-Portfolio hat bisher kein großer Hersteller im Programm oder zumindest angekündigt", so der Experte.

E-Prämie soll Schub geben

Um den Markt effektiv anzukurbeln, halten die Experten von Horváth & Partners eine Verdopplung der E-Prämie für unerlässlich. Anstatt mit bisher 2.000 Euro würde ein Elektroauto unter 30.000 Euro dann mit 4.000 Euro vom Bund gefördert.

"Der durchschnittliche Preisaufschlag für ein Elektroauto im Vergleich zum Verbrenner lag Ende 2018 auch unter Berücksichtigung der E-Prämie bei fast 30 Prozent, wie unser aktueller Fakten-Check zeigt. In Kombination mit Nachteilen wie der noch relativ geringen Reichweite ist diese Preisdifferenz momentan noch zu hoch, Autokäufer haben zu wenig Anreize", sagt Andreas Brauchle, Partner im Bereich Automotive bei Horváth & Partners.

Weiteres Tempo entscheidet über Wirtschaftlichkeit der deutschen Autoindustrie

Erst wenn das Millionenziel erreicht ist, also frühestens 2022, gehen die Experten davon aus, dass die angeschobenen Marktmechanismen automatisch greifen und Elektromobilität aus eigener Kraft die Verbrenner ersetzt. Mit den dann erzielbaren Skaleneffekten könnten die Automobilhersteller auch bei Elektrofahrzeugen auskömmliche Margen erzielen. Für die deutsche Automobilindustrie wäre dies zur Erfüllung der verschärften CO2-Vorgaben der EU sowie zum Erhalt ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit von hoher Bedeutung. "Je früher der Schalter zum Massenmarkt umgelegt wird, desto besser für die hiesige Autoindustrie", so Greiner.

Über die Studie
Im Rahmen des "Horváth & Partners Fakten-Check Elektromobilität" analysieren die Berater jährlich die aktuelle Entwicklung wesentlicher Treibergrößen der E-Mobilität in Deutschland. Auf Grundlage konsolidierter Ist-Werte werden aktuelle Wachstumsraten auf die nächsten Jahre hochgerechnet und mit Zielwerten verglichen. Daraus werden Wahrscheinlichkeiten für das Erreichen relevanter Schlüsselgrößen im Markt für Elektromobilität ermittelt.

Über Horváth & Partners
Horváth & Partners ist eine international tätige, unabhängige Managementberatung mit Sitz in Stuttgart. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 900 hochqualifizierte Mitarbeiter an Standorten in Deutschland, Österreich, Rumänien, Saudi-Arabien, der Schweiz, Ungarn und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Mitgliedschaft in der internationalen Beratungsallianz "Cordence Worldwide" unterstützt die Fähigkeit, Beratungsprojekte in wichtigen Wirtschaftsregionen mit höchster fachlicher Expertise und genauer Kenntnis der lokalen Gegebenheiten durchzuführen.
Die Kernkompetenzen von Horváth & Partners sind Unternehmenssteuerung und Performanceoptimierung - für das Gesamtunternehmen wie für die Geschäfts- und Funktionsbereiche Strategie, Organisation, Vertrieb, Operations, Controlling, Finanzen und IT. Horváth & Partners steht für Projektergebnisse, die nachhaltigen Nutzen schaffen. Deshalb begleitet Horváth & Partners seine Kunden von der betriebswirtschaftlichen Konzeption bis zur Verankerung in Prozessen und Systemen.



Horváth AG,
Oliver Weber






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Fakten-Check Elektromobilität


Stuttgart (05.08.2019) -

Grafik: Ladepunkte
(Copyright: Horváth & Partners)

Die Anzahl der öffentlichen Ladepunkte in Deutschland hat gemäß dem BDEW-Ladesäulenregister enorm zugenommen. Im Jahr 2010 gab es noch weniger als 1.000 dieser Stationen. Die Bestrebungen der vergangenen Jahre, den Ausbau flächendeckend zu fördern, führten 2018 zu einem Bestand von mehr als 16.000 Ladepunkten und damit zu einem Wachstum von knapp 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Nichtsdestotrotz ist weiterhin deutlich mehr Dynamik erforderlich, denn der Durchbruch der Elektromobilität ist unter anderem abhängig von öffentlichen und halb-öffentlichen Ladepunkten, da private Stationen nicht ausreichen, um die Elektromobilität in vollem Umfang voranzutreiben.

Trotz positiver Entwicklungen in den vergangenen Jahren entspricht die deutsche Ladeinfrastruktur bei weitem nicht den notwendigen Anforderungen. Alexander Rittel, Co-Autor der Elektromobilitätsstudie und Berater bei Horváth & Partners, sieht strategische Fehler und die daraus resultierende Problematik auch bei den deutschen Fahrzeugherstellern: "Die Einstellung der etablierten OEMs - der Erstausrüster - war geprägt von üblichen, finanzgetriebenen Entscheidungsmustern und nicht von visionärer Stärke. Ganz im Gegensatz zu Tesla, die frühzeitig in einen Zukunftsmarkt investiert, eine eigene Batteriefertigung mit Panasonic aufgebaut und eine Infrastruktur von über 3.600 eigenen Schnellladepunkten in Europa geschaffen haben."

Im Zuge des enormen Drucks gehen die Automobilhersteller inzwischen gemeinsame Wege und versuchen auf diese Weise die Hindernisse zu überwinden, die dem Durchbruch der Elektromobilität im Weg stehen. BMW, Daimler und der Volkswagen-Konzern haben sich dem Joint Venture IONITY angeschlossen, das das Ziel verfolgt, zirka 400 öffentliche Ultraschnell-Ladestationen mit 350 kW entlang von Autobahnen in Europa bis 2020 aufzubauen und zu betreiben. Bis Mai 2019 wurden allerdings erst 100 Ladestationen von IONITY aufgestellt, weitere 50 befinden sich in der Bauphase.

Tankstellen: "Klassischer Fall des Henne-Ei-Problems"

Dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur nur schleppend vorankommt, ist auch am Beispiel der Tankstellen zu sehen. "Momentan ist die Umrüstung auf Ladestationen noch sehr teuer und lohnt sich für viele Tankstellenbesitzer kaum. Ein klassischer Fall des Henne-Ei-Problems", sagt Alexander Rittel. Bei den aktuellen Absatzzahlen von Elektrofahrzeugen sehen viele Tankstellenbesitzer nicht die Notwendigkeit umzurüsten. Auf der anderen Seite schrecken noch viele Kunden vor dem Kauf eines E-Autos zurück, da ihnen die bestehende Ladeinfrastruktur nicht ausreicht. Ob erst die Infrastruktur mit hohen Investitionskosten auszubauen ist oder neue und preiswerte Modelle für Schwung beim Absatz sorgen - das bleibt das ungelöste Problem.

Allerdings soll der Diesel- und Benzinabsatz einigen Prognosen zufolge bis 2030 um mehr als ein Drittel einbrechen. Dementsprechend werden viele der rund 14.500 Tankstellenbetreiber in Deutschland dazu gezwungen sein, im Zuge der Elektromobilität massiv ihr Geschäftsmodell zu verändern oder, insbesondere in strukturschwachen Regionen, auch zu schließen.

Handlungsbedarf besteht aber nicht nur bei den Automobilherstellern und Tankstellen. Auch die Städte müssen ihre Anstrengungen dringend erhöhen. Aktuell mangelt es hier in großem Maße an Ladepunkten. Die Berater von Horváth & Partners haben den Bedarf an Ladepunkten in den fünf größten deutschen Städten analysiert. Gemäß der Auswertung müssten allein in Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt im Jahr 2020 zusammen mehr als 50.000 neue Ladepunkte gebaut werden, um die notwendige Infrastruktur für Elektrofahrzeuge zu schaffen. In einem realistischen Szenario steigt der Bedarf allein für das Jahr 2025 auf mehr als 200.000 neue öffentliche, halböffentliche und private Ladepunkte in diesen fünf Metropolen an. Dieser Markt muss und kann strategisch insbesondere von den Energieversorgern erschlossen und bedient werden.

Versäumt Deutschland den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur deutlich voranzutreiben, kann nicht erwartet werden, dass sich die Elektromobilität und damit auch die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen schnell entwickelt. Nur wenn die notwendigen Rahmenbedingungen erfüllt sind, wird Deutschland die Zukunft der E-Mobilität mitgestalten können.

Über die Studie
Im Rahmen des "Horváth & Partners Faktencheck E-Mobilität" analysieren die Berater jährlich die Entwicklung wesentlicher Treibergrößen der Elektromobilität in Deutschland. Auf der Grundlage der verwendeten Ist-Werte rechnen sie dabei das aktuelle Wachstumsmomentum auf die kommenden Jahre hoch.

Über Horváth & Partners
Horváth & Partners ist eine international tätige, unabhängige Managementberatung mit Sitz in Stuttgart. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 900 hochqualifizierte Mitarbeiter an Standorten in Deutschland, Österreich, Rumänien, Saudi-Arabien, der Schweiz, Ungarn und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Mitgliedschaft in der internationalen Beratungsallianz "Cordence Worldwide" unterstützt die Fähigkeit, Beratungsprojekte in wichtigen Wirtschaftsregionen mit höchster fachlicher Expertise und genauer Kenntnis der lokalen Gegebenheiten durchzuführen.
Die Kernkompetenzen von Horváth & Partners sind Unternehmenssteuerung und Performanceoptimierung - für das Gesamtunternehmen wie für die Geschäfts- und Funktionsbereiche Strategie, Organisation, Vertrieb, Operations, Controlling, Finanzen und IT. Horváth & Partners steht für Projektergebnisse, die nachhaltigen Nutzen schaffen. Deshalb begleitet Horváth & Partners seine Kunden von der betriebswirtschaftlichen Konzeption bis zur Verankerung in Prozessen und Systemen.



Horváth AG,
Oliver Weber






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