China kämpft mit Kindern gegen Fälscher-Image


Shenzhen/Wien (25.04.2018) -

Shenzhen:
Wirtschaftsmetropole wirbt um Jugend
(Foto: pixelio.de/Bulyga)

China kämpft gegen seine "Shanzhai-Kultur" an: Um dem Plagiat-Image entgegenzuwirken und gleichzeitig die einheimische Technik- und Gründerszene zu unterstützen, investiert die Wirtschaftsmetropole Shenzhen 145 Mio. Dollar. Der Clou: In "Makers Spaces" genannten Arbeitsgemeinschaften arbeiten die angeworbenen Ingenieure zusammen mit Kindern und Jugendlichen an ferngesteuerten Autos oder Robotern, um die Heranwachsenden für Technologie und Kreativität zu begeistern.

Know-how und schlechtes Image

"Ich würde die Shanzhai-Kultur als einen Schritt hin zum Erwerb von Schlüsselkompetenzen betrachten", sagt Christian Göbel, Professor für Chinastudien an der Universität Wien https://ostasien.univie.ac.at , gegenüber pressetext. "Einerseits eignen sich Unternehmen durch den Nachbau von Produkten technische Fähigkeiten an, andererseits legen sie die Grundlage für eigenständige Innovationen, da chinesische Kunden sich oft Spezifikationen wünschen, die das Originalprodukt nicht besitzt." Diesen Weg sind laut dem Experten auch japanische Unternehmen gegangen, beispielsweise in der Unterhaltungselektronik oder bei der Herstellung von Motorrädern.

Begleitet von professionellen Lehrern erstellen Kinder in den "Makers Spaces" dreidimensionale Modelle und Entwürfe am Computer und erwecken diese dann über einen 3D-Drucker zum Leben. In Shenzhen, wo die örtliche "Maker"-Szene boomt, kämpfen die privat finanzierten und durch den Staat subventionierten Start-ups mittlerweile um Nachwuchs - sowohl um Kinder als auch um Technologie-Experten, die den Heranwachsenden technische Inhalte vermitteln.

Die Shanzhai-Kultur hat Chinas Wirtschaft auch negativ geprägt: Der Markt ist durchsetzt von unlizensierten Unternehmen, die Kopien von Mobiltelefonen, Wearables und anderen Geräten fertigen. "Shanzhai ist für die Unternehmen, deren Produkte nachgebaut werden, definitiv ein Problem, für die chinesische Volkswirtschaft nicht - hier ist das Phänomen Bestandteil eines Lernprozesses, des Aufbaus von Innovationskapazität", wie Göbel erklärt. Darunter leiden jedoch allem voran chinesische Technologie-Betriebe: Viele sehen Problemen entgegen, weil sich chinesische Start-ups gegenseitig auf den Füßen stehen. Wenn ein Trend bekannt wird, wird dieser gleich von mehreren Unternehmen plagiert. Das führt dazu, dass Entwicklungen stagnieren, weil einheimischen Erfindern kein gebührender Dank zukommt.

Innovatives Denken als Hauptziel

Um dem entgegenzuwirken, bringen professionelle Tutoren Kindern und Jugendlichen ihr Wissen bei, was den Nachwuchs in Chinas Tech-Branche nachhaltig stark aufstellen soll. "Sie sehen die Kinder nicht als ihre Schüler, sondern als ihre Kollegen", wie Yue Lingyu von der Arbeitsgemeinschaft "MG Space" diese Art zu Lehren erklärt. Das Erschaffen von geistigem Eigentum und innovativem Denken stehe dabei ganz oben auf dem Lehrplan.

"Speziell Erfindungen, die nur ein geringes Maß an technischem Know-how benötigen, kopieren Hersteller gegenseitig voneinander. Dann ist es besonders schwer herauszufinden, wer überhaupt die Idee hatte", klagt Wu Nan, Gründer der Firma AllTechAsia https://alltechasia.com , die chinesische Technologie-Trends verfolgt. "In China gibt es ein enormes Interesse, kreative Fähigkeiten in ein nachhaltiges Geschäft umzuwandeln, aber nicht so viele Chancen für Menschen, neue Erfahrungen zu machen und von anderen zu lernen", erklärt er. Gerade deswegen sei die Entwicklung von "Makers Spaces" wichtig für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Landes.



Wolfgang Rudloff,
rudloff@pressetext.com






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