Burnout: Hälfte hat Angst vor Beichte beim Chef
London (04.05.2017) -
Gestresst: Der Druck auf Arbeitnehmer steigt (Foto: flickr.com/FIX flyer office) Wenn es darum geht, die eigenen psychischen Probleme gegenüber seinem Arbeitgeber offen und ehrlich auszusprechen, herrscht auf Arbeitnehmerseite immer noch eine viel zu große Angst. Wie eine neue Studie in Großbritannien zeigt, die das Forschungs- und Beratungsunternehmen Comres https://comresglobal.com im Auftrag von "BBC Radio 5 live" https://bbc.co.uk/5live durchgeführt hat, gibt knapp die Hälfte der befragten Vollzeitarbeitskräfte zu, ihrem Chef lieber nichts von persönlichen Beeinträchtigungen wie Depressionen, Burnouts, bipolaren Störungen oder Angstzuständen verraten zu wollen. Dabei soll mittlerweile jeder Sechste davon betroffen sein - ein Zustand, der sich auch gesamtwirtschaftlich negativ auswirkt. Kontinuierlicher Problem-Anstieg "Rund ein Drittel aller Diagnosen, die im Zusammenhang mit einer Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension gestellt werden, geht auf psychische Probleme zurück", so Johanna Klösch, Arbeits- und Organisationspsychologin in der Abteilung Sicherheit, Gesundheit und Arbeit in der Arbeiterkammer Wien https://wien.arbeiterkammer.at , im Gespräch mit pressetext. Der kontinuierliche Anstieg psychischer Probleme sei aber auch generell auf die steigenden arbeitsbezogenen Belastungen zurückzuführen. "Die Arbeitnehmer haben mit einem ständig wachsenden Zeitdruck zu kämpfen", betont Klösch. Die wirtschaftlichen Folgen seien kaum zu übersehen. "Durch die vermehrten Krankenstände aufgrund arbeitsbedingter Belastungen entsteht in Österreich ein jährlicher Schaden von 3,3 Mrd. Euro", stellt die Expertin klar. Die Arbeitgeber seien aber nicht nur wirtschaftlich gesehen gut beraten, sich um die geistige Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu kümmern. "Auch aus rechtlicher Sicht sind Arbeitgeber dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das sicherstellt, dass ihre Arbeitnehmer körperlich und geistig gesund bleiben", ergänzt Klösch. In der Praxis zeige sich aber, dass diese Regelung aus dem Arbeitnehmerschutz in vielen Betrieben noch nicht ernst genug genommen wird. "Ob jemand gegenüber seinem Chef oder Kollegen verrät, dass er an Depression oder einem Burnout leidet, hängt auch immer vom jeweiligen Betriebsklima ab. Im Grunde sollte aber jeder Betroffene auch am Arbeitsplatz offen über seine Probleme sprechen können", so Klösch. "Kostet mehr, Problem zu ignorieren" "Wir haben es mit Millionen von Menschen zu tun, die weniger produktiv in ihrem Job sein können, weil ihnen nicht geholfen wird. Im Durchschnitt leidet heute einer von sechs Arbeitnehmern an irgendeiner Form von mentalem Problem", zitiert "BBC News" Sue Baker, Leiterin der Charity-Organisation Time to Change https://time-to-change.org.uk . "Es kostet die Wirtschaft mehr, die Situation in Bezug auf geistige Erkrankungen zu ignorieren und dieses Problem einfach unter den Teppich zu kehren, als wenn man es zu lösen versuchen würde." In einigen Fällen könne es aber dennoch besser sein, wenn man seinem Arbeitgeber nicht alles über seine geistige Fitness verrät: "Wir würden Betroffenen nicht generell dazu raten, alles offenzulegen, weil es leider noch immer zu oft vorkommt, dass solche Beichten negative Konsequenzen für die Betroffenen nach sich tragen. Das kann beispielsweise sein, dass man bei Beförderungen übergangen wird, keine Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt bekommt oder sich diskriminierende Kommentare gefallen lassen muss", erläutert Baker. Markus Steiner, steiner@pressetext.com |