Bürgermeister: Berlin will Smart City werden


Wien (23.11.2017) -

Berliner Wirtschaftsrunde in Wien
(Foto: Fotodienst/Wilfried Seywald)

Mit einem regelrechten Feuerwerk an Infrastruktur-, Bildungs- und Forschungsmaßnahmen will sich die deutsche Hauptstadt Berlin in den nächsten Jahren zum kulturellen und digitalen Hotspot Europas entwickeln. Der regierende Bürgermeister Michael Müller präzisierte am Mittwochabend im Rahmen einer Veranstaltung der Deutschen Handelskammer in Wien https://oesterreich.ahk.de seine Schwerpunkte auf dem Weg zur international beachteten Smart City - und das trotz oder gerade wegen der immer noch beachtlichen Schuldenlast von 58 Mrd. Euro (zum Vergleich: Wien hat sechs Mrd. Euro). "Wir haben uns durch harte Sparmaßnahmen in der Stadtverwaltung finanziellen Spielraum für neue Investitionen geschaffen", so Müller in seinem Referat.

Berlin geht in großen Schritten auf vier Mio. Einwohner zu, die Stadt wächst jährlich um 40.000 Zuwanderer, 55.000 Arbeitsplätze wurden zuletzt geschaffen, das Wachstum liegt deutlich über dem Bundesschnitt, auch wenn die Strukturschwäche 28 Jahre nach der Wende anhält. "Wir haben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die richtigen Akzente gesetzt", sagte Müller und nannte als Beispiele den Kreativ- und Dienstleistungsbereich, Kommunikation, Film, Musik und Tourismus. Berlin zählt mittlerweile 32 Mio. Nächtigungen und liegt damit im Spitzenfeld der europäischen Hauptstädte. "Ja, wir leisten uns drei Opernhäuser, und wir leisten uns ein Stadtschloss für 700 Mio. Euro, um die Welt einzuladen, hier mit uns zu diskutieren."

Berlin investiert in Daseinsvorsorge

Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht die "Daseinsvorsorge" und meint damit vor allem Gesundheit, Umweltschutz und Mobilität, sauberes Wasser, leistbare Energie und Abfallentsorgung. In diesen Bereichen gilt es, eine ausgewogene Balance aus Staat und Privat zu finden, da gäbe es weltweit eine neue Haltung, sagte Müller. "Wir wollen unsere Zukunftsentscheidungen selbst treffen", betonte das Stadtoberhaupt die Bedeutung direkter Einflussnahme und Entscheidungsmöglichkeiten der Politik bei Infrastruktur- und Versorgungsunternehmen.

Die Stadt Berlin investiert dazu in den nächsten Jahren über zwei Mrd. Euro jährlich und noch einmal soviel in die landeseigenen Versorgungsunternehmen. Auch ins Personal soll kräftig Geld fließen. Von den 100.000 Beschäftigten der Stadt gehen in den nächsten zehn Jahren 30.000 in Pension. Daher müssten jährlich 4.000 bis 5.000 neue Mitarbeiter eingestellt werden, um Know-how und Service-Level zu halten. In die Modernisierung und den Ausbau der Schulen fließen in den kommenden fünf Jahren 5,5 Mrd. Euro, in die Wissenschaft und Hochschulen rund 650 Mio. Euro. Müller kündigte 50 zusätzliche Digitalprofessuren an, finanziert von 20 Unternehmen.

Eindeutige Schwerpunktsetzung

Wir brauchen für den erwarteten Bevölkerungszuwachs eine eindeutige Schwerpunktsetzung, neue Mobilitätskonzepte, Technologie- und Gesundheitsangebote, erklärte der Bürgermeister. Bildung und Ausbildung müssten dabei kostenfrei bleiben, vom Kindergarten bis zum Studienabschluss, so das bildungspolitische Credo. Derzeit beherbergt Berlin 183.000 Studierende aus der ganzen Welt. Diese nannte Müller die künftigen Botschafter der Stadt. Zahlreiche Forschungsinstitute und große Bundesinstitutionen seien an Land gezogen worden, unter anderem das Internet-Institut mit einer Förderung von 50 Mio. Euro. 9.000 Start-ups hätten 70.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, zwei Drittel des Risikokapitals in Deutschland würden in Berlin und damit in die internationale Vernetzung investiert. Das seien gute Investitionen in die Zukunft der Stadt, für ihre Bürger und die Unternehmen. Ziel ist die "Smart City" als Impulsgeber für Deutschland und Europa.

Internationalität braucht Solidarität

Klare Worte fand der regierende Bürgermeister in Hinblick auf die Entwicklungen in manchen europäischen Nachbarländern. Zur internationalen Positionierung Berlins gehört auch zwingend die Solidarität mit jenen Wissenschaftlern und Kulturschaffenden, denen die Freiheit der Lehre oder der Kunst genommen wurde. Es sei gerade für Länder wie Deutschland und Österreich eine "Riesen-Chance", verfolgte Wissenschafter und Künstler willkommen zu heißen. Und es sei ebenso wichtig, trotz aller Probleme Flüchtlingen die Hand auszustrecken.

Grundwerte des Zusammenlebens, Presse- und Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, all das seien Werte unseres Grundgesetzes und unveränderliche Grundlagen für eine blühende Wirtschaft und Gesellschaft. Für ein friedliches und freies Europa lohne es sich zu kämpfen. Für all das soll Berlin stehen, für Freiheit, Internationalität, Offenheit und Toleranz. "Wir müssen den Menschen etwas zurückgeben. Auch das ist eine Verpflichtung für Berlin."

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Dr. Wilfried Seywald,
seywald@pressetext.com



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