Touristiker stellen WKO-Leistungen infrage
Wien (07.11.2017) -
Unternehmer für Service statt Sanktionen (Copyright: Fotodienst/Christian Mikes) Zu einer Abrechnung mit der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) hat sich eine Podiumsdiskussion des Travel Industry Club Austria https://travelindustryclub.at über die Gewerberechtsnovelle 2017 am Montagabend im Wiener Steigenberger Hotel Herrenhof entwickelt. Die anwesenden Experten kritisierten anhand zahlreicher Beispiele den anhaltenden Reformstau, großflächiges politisches Versagen in Brüssel und die schwammige Umsetzung von Gesetzen. Neuer Reformwille sei nur durch eine radikale Beschneidung der Zwangsmitgliedschaft oder der Finanzmittel möglich, so der Tenor der Veranstaltung, an der unter anderem die Unternehmer Sepp Schellhorn (NEOS) und Rudolf Tucek (The Cube Hotels) teilnahmen. Die Frage, ob die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der WKO zu mehr Reformbereitschaft führen würde, beantworteten die anwesenden Clubmitglieder in einer abschließenden Abstimmung mehrheitlich mit "ja". Zuvor wetterten NEOS-Wirtschaftssprecher Schellhorn und Neo-Start-up-Unternehmer Tucek gegen unfähige und ängstliche Funktionäre in den Kammern und über die zunehmende Regulierungswut der Behörden, die jedes Unternehmertum verhindern würden. Die Wirtschaftskammer sei keine Standesvertretung mehr, sondern nur mehr mit sich selbst beschäfigt, kritisierte die Podiumsrunde unisono. Service und Beratung statt Sanktionsdrohungen Die Wirtschaftskammer solle mehr Transparenz schaffen und ihre Dienstleistungen endlich wieder stärker auf die Mitglieder fokussieren. Schellhorn forderte hierzu mehr Service und Beratung und mehr Investitionen in die Lehrlingsausbildung. Kategorisch lehnte der NEOS-Politiker den zunehmenden Trend hin zu Sanktionen, Strafandrohungen und Pönalezahlungen ab. Es gehe nicht an, dass Strafzahlungen von Unternehmen im Budget der Kammer landen. Vom designierten WKO-Präsidenten - "Digitalisierungsminister" Harald Mahrer - erwarte er sich als erstes einmal die Zusammenlegung der neun verschiedenen Buchhaltungen der Landeskammern. Rudolf Tucek kritisierte, dass Kammern und Gewerkschaften nur noch für sich selbst arbeiten und Unternehmen so nicht mehr mit deren Hilfe rechnen könnten. "Da gibt es ein flächendeckendes politisches Versagen, vor allem, weil sich die politischen Entscheider aus der Gesetzgebung ausschließen." Tucek stellte grundsätzlich infrage, ob die immer schärferen Regulierungen wirklich im Sinne des Konsumentenschutzes seien und kritisierte die Beweislastumkehr. Ganz besonders erregte sich der Unternehmer darüber, dass sich Staat und Behörden selbst nicht an gesetzliche Regelungen, wie etwa die neue Datenschutzgrundverordnung, gebunden fühlten, die für jede Firma gelten. Die DSVGO selbst nannte er eine Katastrophe für die Wirtschaft, die damit befassten Behörden "ahnungslos", was deren Auswirkungen anlangt. Kunde ist König Dass die Gewerberechtsnovelle 2017 nicht viel mehr Positives gebracht habe als die "Single Licence" (eine Gewerbeberechtigung für mehrere Gewerbe), stellte Schellhorn fest. Simone Schmutzer von der Rechtsanwaltskanzlei Koller und Schreiber erwartet hingegen von der neuen EU-Pauschalreiserichtlinie einen weiteren zahlenmäßigen Anstieg von Klagen, zum Beispiel wegen "fehlender Urlaubsfreuden". "Der Kunde erwartet sich immer mehr von Dienstleistern und hat meist auch ein besseres Wissen über seine Rechte", sagte die Reiserechts-Spezialistin. Genau davor warnte Tourismusberater Marco Riederer. Die angeführten Prozent- und Wertgrenzen in der Pauschalreiserichtlinie seien schädlich, oft sogar existenzgefährdend für KMU. Er hoffe in Zukunft primär auf zwei Dinge: Geschwindigkeit in der Anpassung an bereits bestehende Gesetze und Gesamtheit im Denken, vor allem im Bezug auf die Gewerbeordnung. Fotos von der Veranstaltung stehen auf Fotodienst frei zum Download zur Verfügung. https://fotodienst.pressetext.com/album/3641 Dr. Wilfried Seywald, seywald@pressetext.com |