Provinzposse um den Kauf der Essl-Sammlung
Wien (25.03.2014) -
Über 7.000 Werke will Essl der Republik um 86 Millionen Euro anbieten. Und sofort plustern sich die Museumsdirektoren des Landes auf. Andrea Schurian gibt in ihrem Kommentar treffend deren Position wieder: "Öffentlich-rechtliche Museen dürfen nicht den Geschmack eines Privatsammlers widerspiegeln, sei er auch noch so erlesen. Deren Direktoren agieren gemäß nachvollziehbarer Richtlinien; sie müssen in die Tiefe sammeln, sich dem Sperrigen, Randständigen widmen." https://derstandard.at/1395363066881/Museum-ist-kein-Baumarkt
Der Standard malt den Weltuntergang an die Wand: "Das Dorotheum und das Kinsky bieten pro Jahr rund 1000 Werke zeitgenössischer österreichischer Kunst an; bei 7000 Objekten wäre ein "dramatischer Wertverfall österreichischer Kunst" die logische Konsequenz - laut Ressler 'bis hin zur Vernichtung ganzer künstlerischer Existenzen'. Was Essl und sein Gutachter aber nicht erwähnen: Auch die Sammlung wäre nur mehr einen Bruchteil wert. Ressler warnt vor einem solchen Überangebot: 'Das wäre eine Katastrophe für Österreich und die gesamte Kunstwelt, das darf nicht passieren.' Er appelliert im Sinne seines Auftraggebers, die Sammlung 'als geschlossenes Ganzes' zu sehen: 'Gäbe es die Sammlung Essl nicht, gäbe es keine Übersicht der österreichischen Kunstgeschichte der letzten sechzig Jahre.' In diesem Sinne sei sie 'nationales Kulturgut, das höchsten Schutz' genießen müsse." https://derstandard.at/1395363004241/bauMax-will-zur-Rettung-Essl-Kunstsammlung-an-Republik-verkaufen
Eine typische österreichische Provinzposse! Wenn der österreichische Kunstmarkt zusammenbricht, passiert weltweit gar nichts. Welche Existenzen sollen denn da zusammenbrechen? Die Anzahl der Künstler, die im Kinsky und im Dorotheum gehandelt werden, wird immer kleiner. Jene, die noch übrig sind, haben schon ausgesorgt. Kurz, was in Österreich passiert, ist schlicht und ergreifend irrelevant für den internationalen Kunstmarkt, der auf etwa 50 Milliarden Euro geschätzt wird.
Hubert Thurnhofer, Vorsitzender der IG Galerien, resümiert: "Es ist richtig, dass ein Notverkauf oder die Verwertung über einen Masseverwalter eine enorme Wertvernichtung wäre. Deshalb muss die Republik kaufen und sukzessive die Sammlung verwerten. Was um 86 Millionen angeboten wird, kann man in schlechten Zeiten auch um 70 Millionen bekommen! Allein die 100 Toplose sukzessive auf Auktionen platziert, und zwar nicht in der Hauptstadt der Kunstprovinz Österreich, sondern in New York und London, spielen diesen Betrag in fünf Jahren wieder ein! Und aus dem Rest kann man auch noch genug verkaufen. Daraus könnte man einen Fonds für den Ankauf zeitgenössischer österreichischer Kunst speisen! Also bitte, Herr Minister Ostermayer, kaufen!"
Über thurnhofer.cc
Hubert Thurnhofer, Kunstmanager, Leiter der Galerie Kunstraum in den Ringstrassen Galerien, Autor (das Buch "Die Kunstmarkt-Formel" erscheint im Sommer im UVK-Verlag https://www.uvk.de/buecher/wirtschaft/alle-buecher/db/titel/details/die-kunstmarkt-formel/ ), ist Vorsitzender der IG Galerien. Seine Kommentare zur Kulturpolitik erscheinen seit 15 Jahren in der Kunstzeitschrift UM:Druck. https://www.thurnhofer.cc/index.php/home/observer
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Mag. Hubert Thurnhofer