Marokko: Wirtschaftliche Fassade bekommt Kratzer
Casablanca (07.06.2013) -
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Marokko gilt als Vorzeigeland in Nordafrika
(Foto: flickr/Marc Veraart)
Der öffentliche Haushalt in Marokko gerät zunehmend in eine besorgniserregende Schieflage. Während im Jahr 2008 noch ein Überschuss von 0,7 Prozent des BIP erwirtschaftet wurde, hat die Neuverschuldung im vergangenen Jahr ganze 7,2 Prozent betragen. Wie die Financial Times berichtet, setzen die anhaltende Schuldenkrise der Eurozone und die radikalen politischen Umwälzungen in Tunesien, Ägypten und Libyen die marokkanische Volkswirtschaft unter Druck. Hinzu kommen hohe Subventionen, die den Haushalt belasten. Das Land gilt als politisch stabil, verbunden mit einem vergleichsweise guten Investitionsklima.
Lebensmittel, Treibstoffe, Beamtengehälter
Die Ausgaben für Fördermittel sind stark angestiegen. Konkret sind sie von unter 500 Mio. Dollar im Jahr 2004 auf 6,5 Mrd. Dollar im Vorjahr nach oben geklettert. Damit werden Lebensmittel, Treibstoffe und Gehälter öffentlich Bediensteter gestützt. Gleichzeitig sind die Einnahmen aus dem Tourismus zurückgegangen und die Direktinvestitionen aus dem Ausland geschrumpft. Auch die Wettbewerbsfähigkeit leidet.
Die Staatsschulden sind seit 2008 von 48 Prozent des BIP auf 60 Prozent angewachsen und belaufen sich derzeit rund 67 Mrd. Dollar. König Mohammed VI. hat es bislang erfolgreich geschafft, soziale Unruhen und bürgerkriegsartige Umbrüche zu verhindern. Marokko ist dadurch auch von den damit einhergehenden verheerenden Konsequenzen für die Wirtschaft verschont geblieben.
Einsparungen im öffentlichen Sektor nötig
Baldige und tiefgreifende Reformen - wie etwa Steuererhöhungen oder Lohnkürzungen bei Beamten - sind jedoch nicht zu erwarten. Ökonom Najib Akesbi kritisiert unterdessen die Art der getätigten Investitionen. "Das meiste Geld wird in die Infrastruktur gesteckt, wie zum Beispiel in Autobahnen, Häfen oder Hochgeschwindigkeitszüge." Solche Projekte werden jedoch langfristig keine Jobs schaffen, so Akesbi.
Gleichzeitig gibt es aber auch positive Anzeichen. So sind in den ersten Monaten des Jahres Streiks um 20 Prozent zurückgegangen und weniger Insolvenzanträge gestellt worden. Experten sind sich einig, dass in Marokko insbesondere der öffentliche Sektor den Gürtel enger schnallen muss. Ob dieses Problem die politische Führung sobald in Angriff nimmt, ist fraglich vor dem Hintergrund der Ereignisse des Arabischen Frühlings.
pressetext.redaktion,
Sebastian Köberl